Eine Ausnahmesituation fordert außergewöhnliche Maßnahmen. Viele trifft es gerade extrem hart, unter anderem auch die Veranstaltungsbranche (Musikschaffende, Techniker, Venues). In Zeiten von Corona muss man erfinderisch werden. Max Herre sollte am Samstag eigentlich ein Konzert im Haus Auensee in Leipzig spielen. Die Bühne war aufgebaut, das Konzerte sollte eigentlich auch stattfinden, man hat sich dann aber verständlicherweise am Ende doch dagegen entschieden. Abbauen und abreisen schien keine Option gewesen zu sein und so organisierte man mit Seat kurzerhand einen YouTube-Livestream. Um 20:15 ging es auch los und es gab gut zwei Stunden Programm aus dem Schaffen von Max Herre zu hören.
Livestream-Konzert
Ich vermisse Konzerte schon jetzt, verstehe aber auch, dass es in der momentanen Situation einfach nicht möglich ist. Dennoch wird die Zeit wirklich hart. Da freut man sich dann umso mehr über Aktionen, wie die von Max Herre & Band. 2500 Zuschauer haben es sich vermutlich auf der Couch gemütlich gemacht, sich ein paar Chips geschnappt, das Konzert verfolgt, zwischendurch getanzt, mitgewippt und die Texte gesungen. Die Vorstellung davon ist gerade in solchen Zeiten irgendwie schön.
Für die Musiker muss es komisch sein, so ein Konzert in einer großen Halle ohne Zuschauer zu geben. Es gab eben kein Feedback in Form von Applaus oder sonstigem. Er hat das aber sehr charmant gelöst. Die Ansagen wurde etwas verändert, die Zuschauer aber dennoch bei Parts zum mitsingen und mitrappen mit einbezogen, wie eben bei einem richtigen Konzert.
Sehnsüchte
Max Herre ist für mich ein genialer Musiker, der sich immer an neuen Sounds probiert und lyrisch sowieso einer der besten seines Faches ist. Das titelgebende Stück des Albums "Athen" (für mich einer der besten Songs des letzten Jahres) war der Startschuss. Ein Song, der sowohl für den Anfang einer Reise, das Intro des Albums, aber auch ganz für sich alleine stehen kann. Bei mir werden da sofort Sehnsüchte und Fernweh-Gefühle aktiviert und ich würde mich am liebsten sofort in ein Auto setzen und Richtung Athen fahren.
Ein paar Worte zu den jeweiligen Songs gab es auch. Am wichtigsten war vermutlich der Kommentar zur Flüchtlingskrise und dass wir in den schweren Zeiten auch die anderen Krisen nicht vergessen dürfen (Stichwort: Lesbos). Zu "1ste Liebe" und ein paar weiteren Songs holte er seine Frau Joy Denalane auf die Bühne. Wie die beiden zusammen performen und harmonieren ist nicht von dieser Welt. Da liegt so viel Liebe und Vertrauen zwischen den beiden, was zum Zuschauen einfach fantastisch ist.
Die Lichtshow unterstützt mit Beamer-Visuals war sehr stimmungsvoll und passte total zu der eher melancholischen Atmosphäre an dem Abend. Im Fokus standen die Werke von seinem aktuellen Album Athen, auf welchem er Geschichten erzählt, seine Vergangenheit reflektiert, einen Blick auf die Flüchtlingssituation wirft und autobiographisch wird.
Zwei Zugaben gab es noch obendrauf. Seine Karriere begann mit Freundeskreis und der Quadratur des Kreises und natürlich wurden auch Songs aus der Zeit gespielt, mit dem vermutlich bekanntesten Song "A-N-N-A". Ein fantastischen Abschluss gab es noch mit "Das Wenigste" ebenfalls featuring Joy Denalane.
Nicht mittendrin, aber doch dabei
Niemand weiß so recht, wie lange die jetzige Situation noch andauern wird. Natürlich steht die Gesundheit der Menschen über allem. Das wird auch sicher nicht das letzte Livestream-Konzert gewesen sein, welches wir in den nächsten Wochen und Monaten zu sehen bekommen werden. Ich finde die Idee total klasse und im Fall von Max Herre war das total gut umgesetzt. Man hat zwar nicht 100% dieses Live-Feeling, einfach weil man nicht physisch anwesend ist, aber man konnte sich trotzdem hineinfühlen und abtauchen.
Hier schon einmal zwei nette weitere Aktionen:
- Die Berliner Philharmoniker bietet ab jetzt bis Ende März einen Code an, mit dem ihr einen 30-tägigen Zugang zur "Digital Concert Hall" erhaltet, mit Hunderten Konzerten und diversen Hintergrundmaterialien.
- Bryde möchte kommenden Dienstag (und möglichst jeden Dienstag) ab 16 Uhr ein paar Songs in einem Livestream spielen.
Bleibt gesund, tut nichts unüberlegtes, bewahrt die Ruhe, haltet die Augen offen und supportet eure Lieblingskünstlerinnen und Lieblingskünstler so gut es geht!
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