Wenn eine so tolle Künstlerin schon einmal den Weg in meine Wahlheimat findet, kam ich um einen Besuch natürlich nicht herum. Lilly Among Clouds präsentierte ihr neues Album Green Flash in Kiel. Für guten, englischsprachigen Indie-Pop aus Deutschland muss man etwas abseits der Mainstream-Pfade suchen. Ich habe sie schon seit ihrem Debütalbum Aerial Perspective aus dem Jahr 2017 auf dem Radar. Mit ihrem Auftritt beim ESC-Vorentscheid 2019 wurde sie dann auch einem breiteren Publikum bekannt. Dies machte sich auch im Roten Salon, dem Kellerraum in der Pumpe Kiel bemerkbar, wo sich neben vielen jungen Menschen, doch auch ein paar ältere Paare einfanden. Ein schöner Konzertabend! Songs von Herzen, wunderschöne Klavierballaden und Indie-Pop mit Wiedererkennungswert.
Hello Emerson
Den Anfang machte ein Folk-Pop-Trio aus Columbus, Ohio. Sam Bodary ist Sänger und Songschreiber der Band Hello Emerson und wählte für eine Vorband einen etwas anderen Ansatz. Was ich bisher so erlebt habe, geht es der Vorband oft darum, möglichst viele Songs zu spielen. Hello Emerson spielten glaube ich nur 7 Songs in 45 Minuten. Dafür wurde zwischendurch viel erzählt, sodass man die Band und die Bedeutung der Texte besser kennenlernen und nachvollziehen konnte. Durch die persönlichen Geschichten wirkte das irgendwie nahbarer. Dazu passt auch, dass Sam ein Literaturstudium abgeschlossen hat. Geschichten erzählen kann er und Musik machen auch. Hat mir gefallen!
lilly among clouds
Mit "Closeness", einer dreiköpfigen Band und Lilly am Bass ging es los. Da konnte sie die Bandbreite ihrer krassen Stimme schon einmal voll ausnutzen. Vor allem dieses Kratzige macht ihre Stimme so besonders, aber auch so sticht sie aus der Masse heraus. Ich kann das gar nicht so genau beschreiben, ihre Stimme muss man einfach gehört haben. Musikalische Vergleich zu Florence Welch, Aurora oder Alice Merton kommen da nicht von ungefähr.
Ihr Zweitwerk Green Flash ist im September letzten Jahres erschienen und so lag der Fokus natürlich auf den neuen Songs. Mehr Detailverliebheit, mehr Mut und noch unterschiedlichere Instrumentierung, als bei ihrem Debütalbum. Auch dies spiegelte sich an dem Abend wieder. So sah man die Bayerin mal am Bass, mal am Keyboard, mal an den Synthies.
Lilly selbst war super herzlich und sympathisch. Mal sprang sie zu den Songs herum und würde auf einer großen Bühne vermutlich einen halben Marathon zurücklegen. Mal spielte sie ihre Songs einfach am Klavier und legte ihre Seele offen. In einigen Songs verlor sie sich so sehr, dass ihr fast die Tränen kamen. So habe ich es zumindest wahrgenommen. Kein Kitsch sondern echte Gefühle. Hier merkt man, dass die Texte von Herzen kommen. Besonders "Underneath the Surface" versetzte mir einen kleinen Stich im Herzen. Aber auch "Suprise", welches sie solo am Klavier sang, ließ mir die Gänsehaut zu Berge stehen.
Zwischen den Songs gab es ein paar Ansagen zu den Songs und dass sie sehr glücklich sei, als Bayerin so hoch im Norden, so viel Zuspruch zu bekommen. Sie schien sichtlich gerührt und dankte dem anwesenden Publikum mit einer ausgezeichneten Performance. Zu "Listen To Your Mama" wurde dann das Publikum auch mit ins Boot geholt und animiert mitzumachen.
Insgesamt hat mir der Abend sehr gut gefallen. Dieser Kontrast zwischen temporeicheren und lauten Stücken und den leisen, sensiblen Tönen hat wunderbar funktioniert. Über all dem thronte natürlich ihre herausragende Stimme. Ich bin echt gespannt, wie es mit lilly among clouds weitergeht und kann euch ihre Musik nur wärmstens ans Herz legen.
Setlist: lilly among clouds live in der Pumpe, Kiel (04.02.2020)
- Closeness
- Love U 4ever
- Silent
- Long Distance Relationship
- Like a Bombshell
- Girl Like Me
- Boy
- Underneath the Surface
- Surprise (solo)
- Safer in Your Arms
- The Only One
- Listen to Your Mama
- Well, I Could
- Look at the Earth
- Your Hands Are Like Home
– - Blood & History
- Wasting My Time
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