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Kieler Woche Konzerte während Corona: Jeden Tag Silvester auf der Krusenkoppel (05.09.2020)

Ich war seit sechs Monaten nicht auf einem Livekonzert. Das letzte Mal war Anfang März bei Fil Bo Riva, bis die Corona-Pandemie auch die Live-Kulturszene in Deutschland quasi komplett lahmlegte. Zwischendurch habe ich mir den ein oder anderen Liveauftritt im Steam angeschaut, aber dieses Live-Feeling wollte bei mir nicht aufkommen. Es folgten Autokonzerte und mittlerweile werden vorwiegend Freiluft-Konzerte in pandemiegerechter Ausführung mit vergleichsweise kleiner Besucherzahl wieder angeboten. Auch die Kieler Woche findet dieses Jahr in einer sehr abgespeckten Form statt. Keine Millionen Besucher, kein internationaler Flair, nur der Segelwettbewerb und ein paar wenige Konzerte in kleinem Rahmen. Die Bad Oldesloer Deutschpop-Band Jeden Tag Silvester durfte ein Konzert auf der Krusenkoppel in Kiel spielen. Etwas ungewohnt, mit all den Auflagen, war es dennoch ein sehr schöner Abend.

Live-Events mit Publikum während Corona

Großveranstaltungen sollen bis Ende des Jahres verboten sein, aber jedes Bundesland darf hier seine eigene Suppe kochen. Es ist nicht einmal klar definiert, was als Großveranstaltung zu verstehen ist und welche Veranstaltungen nun vielleicht stattfinden dürfen und welche nicht. Ausnahmegenehmigungen sind möglich. Bestes Beispiel ist wohl die Fußball-Bundesliga. Zum Saisonstart Leipzig gegen Mainz sollen 8500(!) Fans mit Wohnsitz in Sachsen ihren Weg ins Zentralstadion finden, was einer Auslastung von 20% entspräche. Das Gesundheitsamt der Stadt hat das Hygienekonzept des Aushängeschildes Leipzigs natürlich abgesegnet. Schnell stellte sich die Frage nach Wettbewerbsverzerrung und ob dies denn wirklich sein müsste.

Konzerte und Fussball? Corona-Testlauf für Großevents | SPIEGEL TV

Anfang September sollte das "Give Live A Chance"-Konzert in Düsseldorf mit 13.000 Zuschauenden stattfinden (Auslastung 24%), welches aber nach dem großen öffentlichen Druck abgesagt wurde. Über 7000 Fans hatten bereits Karten gekauft. Ein anderes Großkonzert hat vor ein paar Tagen bereits stattgefunden: Roland Kaiser vor 5000 Fans in der Waldbühne Berlin.

Echte Normalität wird man wohl erst erreichen können, wenn ein Impfstoff in ausreichender Menge verfügbar ist. Wie lange das wirklich dauert, steht bisher noch in den Sternen. Manchmal hört man von einer Zulassung noch in diesem Jahr, manchmal soll das alles bedeutend länger dauern. Deshalb sehe ich auch für Festivals und große Konzerte im nächsten Jahr noch große Fragezeichen.

Kieler Woche Konzerte auf der Krusenkoppel

Die Anmeldung zu den Konzerten war eine ziemlich Zumutung. Die Server funktionierten entweder gar nicht oder waren extrem langsam und der Anmeldeprozess teils unnötig kompliziert. Kontaktdaten mussten angegeben werden, die beim Einlass mit Personalausweis kontrolliert wurden. Sitzen war jeweils nur in Zweiergruppen möglich.

Das Hygienekonzept war ähnlich dem im Kino. Es gab feste Sitzplätze mit entsprechenden Abständen; bis zum Platz musste Maske getragen werden, die danach abgenommen werden durfte. Das funktionierte alles in allem doch gut. 200-250 2er Gruppen haben so im Amphitheater der Krusenkoppel Platz genommen. Das Publikum war sehr gemischt und von "Ich bin nur hier, weil es gratis ist" und "Jeden Tag Silvester-Ultras" war alles dabei. Soweit ich das mitbekommen habe, konnte die Abstandsregel ganz gut eingehalten werden. Sowohl beim Einlass, als auch nach dem Konzert, da ausreichend Platz vorhanden war und die Zuschauenden recht verantwortungsvoll mit der Situation umgegangen sind. Ich hatte Respekt vor der Situation, alles in allem hat mir das aber gut gefallen.

Jeden Tag Silvester

Jeden Tag Silvester sind eine Deutschpop-Band aus Bad Oldesloe, die zwar (noch) nicht den Durchbruch geschafft haben, aber schon über zehn Jahre an ihrer Musik arbeiten. Der Name war mir durchaus geläufig, mit ihrer Musik habe ich mich aber noch nie wirklich beschäftigt. 2015 traten sie übrigens beim Bundesvision Song Contest 2015 für Schleswig-Holstein mit dem Lied "Dein Glück" an.

Die vier Herren kamen sehr sympathisch rüber und man hat ihnen angemerkt, wie sehr sie diese Livemomente in den letzten Monaten vermisst haben. Genau so erging es mir auch. Schon bei den ersten Tönen war ich so gerührt endlich wieder Livemusik hören zu dürfen, nach Monaten der Durststrecke.

Viel Melodie, mir manchmal ein wenig zu drüber, aber teils eben auch das große Gefühl. Hier stachen die tollen Texte nochmal extra heraus, wo die Band für mich ihre klare Stärke hat. Vor allem "Zwischen den Meeren" ist ein unglaublich schöner Song, den man sehr fühlt, wenn man hier oben am Meer groß geworden ist.

Jeden Tag Silvester - Zwischen den Meeren (Offizielles Video)

Ein bisschen verwirrend war im Vorfeld die Ansage, dass man nicht mitsingen dürfte. Begründet wurde das mit den Aerosolen, aber dann hätte man auch nicht laut jubeln dürfen. Das sorgte für einige komische Momente, da einige Songs zum Mitsingen echt prädestiniert waren. Beholfen wurde sich mit Handylichtern, lautem Klatschen und Armschwenken, was dann auch gut funktioniert hat. Es sind zwischendurch auch einige aufgesprungen und haben mitgetanzt. Die Band hat auf jeden Fall alles rausgeholt.

Insgesamt haben Jeden Tag Silvester 18 Songs aus ihrem Repertoire gespielt, wovon mir noch "16:9" und "Geisterjägerstadt" besonders in Erinnerung geblieben sind. Aber auch die anderen Songs hatten oft einprägsame Hooks, die auch fürs Radio taugen würden. Auf dem Heimweg nach dem Konzert haben wir zufällig noch einen Heiratsantrag inklusive großem Feuerwerk erlebt. Es ist eben Jeden Tag Silvester.

Wie geht es weiter?

Der Abend hat bewiesen, wie auch in Zeiten einer Pandemie Konzerte stattfinden können. Viel Abstand und ein angemessener, respektvoller Umgang mit den Richtlinien. Ein Vorteil dürfte auch gewesen sein, dass es eben eine Open-Air-Veranstaltung war. Im Herbst/Winter könnte sowas eher schwieriger werden.

Ich kann die Argumente beider Seiten voll verstehen. Einerseits muss das Infektionsgeschehen natürlich niedrig gehalten werden, andererseits vollen die Clubs, Bands und die Menschen im Hintergrund wieder von irgendwas leben. Es ist und bleibt schwierig. Ich bin auch dafür, dass man nach Chancen sucht, wie es weitergehen kann. Die nötige Vorsicht sollte allerdings Priorität haben.

Ich wäre Dir sehr dankbar, wenn Du den Artikel teilst oder kommentierst! <3

Veröffentlicht inKonzerteMusik

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