Zum Inhalt
Foto: Yannik Schumacher

Die One-Man-Show des Jared Leto: Thirty Seconds to Mars in Hamburg (02.05.2018)

Die Monolith Tour brachte Thirty Seconds To Mars, die Band um die beiden Leto Brüder Jared und Shannon, auch in die Hamburger Barclaycard-Arena. Mit ihrem neuen Album America geraten sie immer mehr weg vom stadiontauglichen Alternative Rock der alten Zeiten und rutschen weiter in den Elektro Bombast des Mainstreams. Die Entwicklungen von Coldplay und Linkin Park lassen grüßen. Vielen mag dieser Schritt missfallen, im Radio werden sie jedoch nicht ohne Grund rauf und runter gespielt. "Rescue Me", "Walk On Water" und "Dangerous Night" sind Dance-Nummern, die sich Stilen aus dem elektronischen Bereich bedienen und das funktioniert einfach. Das Konzert selbst war.. okay. Schaut einfach mal in die Review rein!

Der gottgleiche Messias

Fangen wir am besten einfach von vorne an. Die Bühne wurde ein Drittel nach vorne in den Innenraum verlegt und container-mäßig versperrten große, nach innen gedrehte LED-Wände die Sicht darauf. Eine angenehme Abwechslung zu sonstigen Konzerten. Support-Act? Fehlanzeige. Stattdessen wurde das Licht um 19:15 Uhr abgedunkelt, die Musik lauter gedreht und die ersten Minuten dachte ich, dass eine Spotify-Playlist durchlaufen würde. Nach einem Blick in den hinteren Teil der Halle war mir klar: Da ist ein DJ am Werkeln. Der hatte von seinem Handwerk aber eher wenig Ahnung. Grauenhafte Übergänge und irgendwann war man einfach genervt. Ein paar Lichtblicke mit einigen Songs gab es dann doch, aber dass man zum Beispiel Remixe von Songs der Hauptband spielt, geht einfach überhaupt nicht. Der DJ war dann gegen 20:15 Uhr fertig und alle waren voller Erwartung. Nachdem sich auf den Videoleinwänden etwas tat, kam Jubel auf, der irgendwann in laute Buh-Rufe und Pfiffe überging, was ich auf Konzerten auch noch nicht erlebt habe. Denn anstatt, dass das Konzert losging, wurden ganze zwei (!) kurze Werbespots (Jeans und Scotch) bestimmt 10 Minuten in Dauerschleife präsentiert. Und natürlich gab es noch eine Werbung für das exklusive Camp Mars auf Malibu im August 2018, wo ihr ein Wochenende mit der Band für einen kleinen Haufen Geld verbringen könnt.

Nun gut. Irgendwann ging das Licht dann wirklich aus und die Band trat auf die Bühne. Das Publikum schrie, applaudierte und aus den Boxen dröhnte es laut. Doch die Band ließ uns so noch weitere 10 (!) Minuten warten, bis es dann wirklich losging. "Monolith" vom neuen Album fungierte als Intro und die LED-Wände erhoben sich und klappten auseinander. Heraus trat eine Person mit großer Sonnenbrille, gehüllt in einen Boxmantel: der Messisas Jared Leto persönlich. Zumindest hält er sich für einen Messias, aber dazu später mehr. Wie Michael Jackson stand er da, breitete seine Arme aus und ließ sich feiern. Eine Backing-Band, bestehend aus Bassist und Keyboarder, gab es halb versteckt hinter der Bühne auch noch. Und natürlich Bruder Shannon Leto am Schlagzeug, der dauernd von Technikern umgeben war, weil sein Instrument arretiert werden musste. Das dritte Mitglied der Band Tomislav Miličević glänzte aufgrund von persönlichen Problemen mit Abwesenheit. Ansonsten fanden sich auf der Bühne dauerhaft Fotografen oder eine Dame, die Videos für Instagram machte, was irgendwann einfach nur nervte. Man fühlte sich beinahe wie auf einer PR-Show. Der Großteil der Leute, die auf die Bühne geholt wurden, waren mit ihrer eigenen PR-Show beschäftigt und achteten eher auf ihr Handy, als den besonderen Moment auf der Bühne zu genießen.

Auch Musik gab es zu hören

Musik wurde natürlich auch gespielt, die einerseits sehr ordentlich klang, aber zu oft zur Nebensache wurde. Songs wurden abgebrochen oder gingen in dauerhaften "Jump"-Rufen oder Ohh-ohh-Chören unter. Dabei musste sich Jared Leto nicht einmal besonders Mühe geben, die Leute fraßen ihm ja aus der Hand. Das ist echt schade, dass er seine Stimme so versteckt, weil er eigentlich ein guter Sänger ist, wie man auf seinen Alben durchaus hören kann. Lichtblicke waren da "The Kill (Bury Me)" oder "Stay", ein Cover von Rihanna, wo er auch endlich mal seine Stimme voll ausschöpfte. Auch ansonsten gab es zumindest musikalisch wenig zu meckern. Der Sound besserte sich zur zweiten Hälfte, die dann auch sehr Spaß machte. "Hurricane" wurde aber zum Beispiel komplett verhunzt. Ein grandioser, atmosphärischer Song mit tollem Aufbau, der einfach nach der Hälfte abgebrochen wurde. Auch die sonst so energischen Parts sang er eher seicht. Trotzdem war es schön, dass sie auch eine Vielzahl älterer Songs und einiges vom Album This Is War gespielt haben.

Da die Setlist, im Gegensatz zu vorherigen Konzerten der Tour, um 2-3 Songs gekürzt wurde, war nach 90 Minuten Schluss. Wenn man das Warten auf der Bühne am Anfang abzieht, gar nach 80 Minuten. Das herzergreifende Tribute-Medley wurde leider auch nicht zum Besten gegeben. Leider hat die Band viele Sympathien bei mir verspielt, auch wenn ich mir die Platten gerne anhöre. Live werde ich beim nächsten Mal gerne verzichten und nicht nochmal die 65€ zahlen. Vielleicht besinnt sich die Band mal wieder auf ihre Stärken und Jared Leto verlässt mal seine Wolke, auf der er einsam dahinschwebt. Mir persönlich war das zu viel Pathos, auch wenn er mit seiner Energie das Publikum gut anheizte. Ein grandioser Alleinunterhalter ist er in jedem Fall. Es kommt auch ein bisschen darauf an, welche Kriterien man anlegt. Erwartet man eine virtuose Band mit krassem Lead-Gesang wurde man von dem Abend eher enttäuscht. Erwartet man allerdings eine Band für 90 Minuten Spaß und gute Laune, mit sehr viel Energie eines posierenden Frontmanns, dürfte man begeistert gewesen sein. Insgesamt betrachtet war der Abend durchwachsen und musikalisch okay bis gut. Mit anderen Rahmenbedingungen hätte ich sicher mehr Spaß gehabt.

Setlist: Thirty Seconds To Mars – Monolith Tour 2018 – Hamburg (02.05.2018)

  1. Monolith
  2. Up in the Air
  3. Kings and Queens
  4. Search and Destroy
  5. This Is War
  6. Dangerous Night
  7. Do or Die
    – Vom Tape: Pyres of Varanasi –
  8. The Kill (Bury Me)
  9. Stay (Rihanna cover)
  10. Hurricane
  11. City of Angels
  12. Rescue Me
  13. Walk on Water
  14. Closer to the Edge

Tourdaten: Thirty Seconds To Mars 2018

  • 03.05.2018 – Berlin, Mercedes-Benz-Arena
  • 04.05.2018 – Köln, LANXESS Arena
  • 01.06.2018 – Rock am Ring
  • 02.06.2018 – Rock im Park
  • 22.08.2018 – Dresden, Messe Halle 1
  • 27.08.2018 – Freiburg, Messe
  • 01.09.2018 – Graz, Stadthalle (AUS)
  • 05.09.2018 – Hannover, TUI Arena
  • 06.09.2018 – Esch Alzette, Rockhal (LUX)

Ich wäre Dir sehr dankbar, wenn Du den Artikel teilst oder kommentierst! <3

Veröffentlicht inKonzerteMusik

4 Comments

  1. Tia

    Dankeschön für diesen – in meinen Augen – SEHR treffenden Kommentar!
    Ich bin seit Jahren Fan der Band, war schon in einigen ihrer Konzerte und … war diesmal wirklich sehr enttäuscht!
    Selbst erlebte ich das Konzert in Berlin, am 03.05.18, und es lief genau so ab, wie es hier für Hamburg beschrieben wurde!
    Statt einer Vorband, über eine Stunde lang unpassende "Radio"-Musik, ebenso dieses unmögliche Vorspiel mit der Werbung und so weiter …
    Es war wenig zu spüren von dem besonderen Engagement für die Fans, von den Bemühungen um eine tolle Bühnengestaltung, wenig zu spüren von den früheren Bemühungen, die Songs in sehr guter Qualität zu singen, zu spielen und zu präsentieren.
    Auch das Jared nicht einmal selbst zur Gitarre griff vermisste ich persönlich sehr. Diese Akustikdarbietungen gab es bisher und sie waren auch immer ein Höhepunkt der Konzerte!
    Letztendlich auch noch ein liebloser, schneller Abgang – ohne Chance auf Zugabe. Allerdings wurde diese auch nicht wirklich von den Konzertbesuchern eingefordert!

    Das die Band sich vom Rock langsam verabschiedet mag der eine gut der andere nicht so gut finden. Mir selbst gefällt diese Mainstreamwandlung leider nicht!
    Aus dem früheren "Let´s Rock" wurde von ihm nun auch noch die Frage während des Konzertes an die Masse "Do you want to dance?" …

    • Vielen lieben Dank erst einmal für deinen langen und ausführlichen Kommentar! Das weiß ich sehr zu schätzen. :)

      Ich habe jetzt schon von einigen langjährigen Fans gehört, dass sie total enttäuscht wären, von der Band, genauso wie Du. Was Du vom Berlin Konzert beschreibst, deckt sich dann ja mit meinen Ausführungen. Ich dachte schon fast, ich wäre zu negativ. Laut Setlist wurden in Berlin ja immerhin noch ein paar Songs mehr gespielt.

      Ich hab mir auch mal frühere Aufzeichnungen angeguckt und da fand ich die Akustik-Darbietungen auch immer sehr gut und fand es auch schade, dass sie diesmal komplett fehlten.

      Dein letzter Absatz beschreibt halt genau das, was ich von der Band eigentlich erwartet hätte. Sollen sie meinetwegen ihren Hang Richtung Mainstream-Pop weiterführen, aber dann sollen sie doch bitte die alten Songs vernünftig im Rock-Gewand auf die Bühne bringen.

  2. Inga

    Wow, danke für die ausführliche Beschreibung. Das beschreibt genau das, was wir auch empfunden haben. Viel Show, dann die Anpreisung der $20 Tickets für die USA, diese ganzen Instagram und Videossoots. Das nervte. Auch diese Werbung vorab, schrecklich. Und das Lichtkonzept mit dem Bildschirmen fanden wir merkwürdig.

    Musik grundsätzlich gut, kein Vergleich zu dem Konzert vor einigen Jahren in der Barcleycard Arena. Es war seinen Preis nicht wert. Und ich habe noch nie erlebt, dass es keine Zugabe gibt.

    Und nicht jeder ist Hardcore Fan und weiß daher nicht, warum der Bassist nicht mit dabei ist. Kurze Info wäre schön gewesen.

    Alles in allem habe ich versucht der Musik zu lauschen und den Rest auszublenden.

    • Danke für deinen langen und ausführlichen Kommentar!

      Das Lichtkonzept war schon ganz spannend, aber für eine Hallenshow auch ein bisschen lieblos. Der Fokus sollte wohl einfach auf den Leto Brüdern liegen.

      Zugabe braucht es auch nicht unbedingt. Die Foo Fighters machen bspw. direkt klar, dass es keine Zugabe gibt und sie einfach knapp 3 Stunden durchspielen. :D Aber der Abgang bei 30STM war schon ein wenig schnell.

      Ging uns ähnlich. Es war ja musikalisch in Ansätzen auch nicht schlecht, aber man hätte die Songs schon gerne wie auf der Platte gehört.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schumyswelt.de